Kramer 02 - Aschenputtel by Götschi Silvia

Autor:Götschi, Silvia [Götschi, Silvia]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2016-02-02T16:00:00+00:00

Es regnete wieder, und der Frühling war weit entfernt. Thomas rühmte sich selber, dass er warme Bekleidung eingepackt hatte. Ausholenden Schrittes marschierte er zu seiner Pension. Die frische Luft tat ihm wohl und befreite seinen Kopf.

Später duschte er ausgiebig. Zuerst heiss, dann kalt, was er immer tat und, Isabelles Meinung, ihn auch vor Erkältungen schützte. Heute schützte es ihn eher vor unliebsamen Regungen. Er fand es nicht angebracht, seinen Gelüsten nachzugeben. Danach schlang er sich das überdimensionierte Badetuch um die Hüfte. Mit dem A2-Blatt setzte er sich aufs Bett und ergänzte die vorhandenen Namen und Informationen mit neuen. Es gab zwei weitere Verbindungslinien – eine zu Hildegard Schumann und eine zu Lars und dessen Freund Marco. Er notierte: Lars ist sensibler, als er sich gibt. Er liebt seine Mutter. Krankhafte Eifersucht nicht ausgeschlossen. Warum hatte Lars die Pistole?

Inwieweit ist Marco Follini in die Sache eingeweiht?

Hildegard Schumann liegt viel daran, den schönen Schein zu wahren. Ob sie Kenntnis vom Umgang ihrer Schwiegertochter hat?

Wo war Schumann am Donnerstagmorgen? Was hat er zu verheimlichen? Kann man Cesare trauen?

Als jemand an die Türe klopfte, dachte Thomas, dass Armando früher als abgemacht eingetroffen sei. Widerwillig schob er die Blätter zusammen. Er ging zur Tür. Er öffnete heftig und wollte seinen Mitarbeiter rügen, weil er ihm keine freie Minute gönnte.

Draussen stand nicht Armando.

„Was ist geschehen?“ Thomas blickte überrascht in Tizianas Gesicht. Er hinterliess einen dümmlichen Eindruck und ärgerte sich deswegen. Aber es fiel ihm nichts Gescheiteres ein. Er hatte sich eine solche Szene schon hundertmal ausgedacht, nachts, wenn er nicht hatte schlafen können. Dann war es nicht Isabelle, an die er seine Gedanken verschenkte, sondern Tiziana. Er hatte sie genau wie jetzt vor der Türe stehen sehen. Zügellos hatte er sie an sich gerissen und ihren Mund mit einem wilden Kuss bedeckt.

Jetzt stand er da wie ein Esel, nein, schlimmer noch.

„Das ist geschehen“, sagte Tiziana, trat einen Schritt auf ihn zu und warf sich ihm blindlings an den Hals. Ihr Kuss war kühl, beinahe frostig, draussen mussten Minustemperaturen herrschen, und trotzdem glühte er vor Verlangen.

Alles war anders. Die Situation. Die Träume. Die Wirklichkeit.

Und Thomas.

Seine Eigeninitiative, für die er sich selbst immer sehr lobte, war der Initiative einer Frau gewichen, die genau ahnte, spürte, sogar wusste, wie es in seinem Innern aussah. War es Zufall, dass das Badetuch zu Boden fiel? Die Realität verschwamm in dem Augenblick, als ihn Tiziana berührte, ihre Hand über seine Brust streichelte und ihn sanft in Richtung Zimmermitte zurückstiess. Die Türe fiel wie von selbst ins Schloss. Thomas drehte schnell den Schlüssel um, was die Folge eines einzig klaren Gedankens war. Eines vorsätzlichen Gedankens.

Sie landeten beim Bett. Tiziana hatte ausser ihrem Pelz nichts abgelegt. Sie kniete jetzt auf dem Mantel vor ihm und bearbeitete ihn mit magischen Händen, mit ihrem weichen Mund, mit einer Leidenschaft und Hingabe, dass Thomas glaubte, den Verstand zu verlieren.

Ich bin Polizist, rügte er sich. Verdammt ich bin Polizist. Etwas unwirsch schob er Tiziana von sich. Er versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Tatsächlich war sein Gehirn in die Lenden gerutscht.

Download

Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.